6. Canto, Kapitel 1

Das erste Kapitel des sechsten Canto des Srimad Bhagavatam, bekannt als „Die Geschichte vom Leben des Ajamila“, offenbart tiefe Einsichten in die Konzepte von Sünde und Erlösung in der vedischen Philosophie. Diese Geschichte, kommentiert von Swami Prabhupada, einem angesehenen Lehrer und Gründer der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein (ISKCON), bietet eine reiche Mischung aus spiritueller Weisheit und praktischer Lebensführung.

Die Erzählung beginnt mit der Frage des Königs Parikshit, einem großen Monarchen und Enkel des Pandava-Prinzen Arjuna, der bei seinem Lehrer Sukadeva Goswami um Rat sucht. König Parikshit, der erfahren hat, dass er nur noch sieben Tage zu leben hat, ist bestrebt, die wichtigsten spirituellen Wahrheiten zu verstehen, und fragt nach dem Weg zur Erlösung für alle Wesen, insbesondere für diejenigen, die in sündhaften Aktivitäten verstrickt sind.

Sukadeva Goswami antwortet mit der Geschichte von Ajamila, einem Brahmanen, der in seiner Jugend fromm und tugendhaft lebte, aber später aufgrund schlechter Gesellschaft vom rechten Weg abkam. Ajamila verfiel der sinnlichen Lust und begann, ein lasterhaftes Leben zu führen, indem er seine rechtschaffene Frau verließ und mit einer Prostituierten zusammenlebte. Trotz seines moralischen Verfalls zeigte Ajamila noch Zuneigung und Liebe zu seinem jüngsten Sohn, den er Narayana nannte, ein Name, der auch eine Bezeichnung für den Herrn Vishnu ist.

Am Ende seines Lebens, als Ajamila von den Boten des Todes (den Yamadutas) geholt wird, ruft er in Angst den Namen seines Sohnes „Narayana“. Dieser aufrichtige Ruf des Namens Narayanas, selbst in Unwissenheit und ohne Absicht, ihn als Gott anzurufen, bringt die Boten Vishnus, die Vishnudutas, herbei. Es entsteht eine Diskussion zwischen den Yamadutas und den Vishnudutas über die Macht des heiligen Namens und wer das Recht hat, Ajamilas Seele zu beanspruchen. Die Vishnudutas argumentieren, dass Ajamilas Ausruf von Narayanas Namen ihn von allen Sünden gereinigt hat und er daher der göttlichen Gnade würdig ist.

Die Geschichte von Ajamila wird als Beispiel dafür dargestellt, wie die einfache Aussprache des heiligen Namens des Herrn, selbst ohne bewusste spirituelle Absicht, ausreicht, um Befreiung und Erlösung zu erreichen. Swami Prabhupada betont in seinem Kommentar die Bedeutung des ständigen Erinnerns und Aussprechens des heiligen Namens Gottes als Mittel zur Erlösung in der Kali-Yuga, dem gegenwärtigen Zeitalter der Unwissenheit und des moralischen Verfalls.

Diese Geschichte illustriert tiefgehende spirituelle Prinzipien und betont die Barmherzigkeit Gottes, die jedem zugänglich ist, unabhängig von seinem vorherigen Lebenswandel. Sie lehrt, dass wahre Erlösung durch Hingabe, das Erinnern an Gott und die Wiederholung seines heiligen Namens erreicht wird, was die zentrale Botschaft der Bhakti-Yoga-Tradition ist.