Körper, Seele und Geist

Unterscheidung von Körper – Seele – Geist

Eine Zusammenfassung der vedischen Wissenschaft aus der Bhagavad Gita

Wir unterscheiden zwei Daseinsformen oder auch unterschiedliche Realitäten. Das Materielle zum einen und das Geistige oder Transzendentale zum anderen. Wir definieren diese Realitäten durch unsere Sinnesorgane und den damit verbundenen Wahrnehmungsmöglichkeiten. Was wir sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken können, wird dem Materiellen zugeordnet. Gedanken, Gefühle, Emotionen, Glaube und Hoffnung werden dem Transzendentalen zugeordnet.

 

Das Handlungsfeld der Materie ist unser Körper und wird durch die fünf Arbeitssinne definiert. Mit den Beinen können wir uns bewegen, unseren Standort verändern, mit den Händen können wir Handlungen ausführen und annehmen, mit der Zunge können wir dem Körper Nahrung zuführen und uns artikulieren, mit unserem Geschlechtsteil uns vermehren und mit unserem Ausscheidungsorgan uns lösen. Das materielle Leben definiert sich über „Sinnenbefriedigung“.

Gedanken und Emotionen scheinen uns „im eigenen Kopf“ präsent zu sein. Ihr Handlungsfeld ist der Geist, und der Eigentümer des Gedankenguts ist die Seele, das eigentliche Lebewesen im Körper. Ihrer Herkunft nach ist die Seele ein Fragment Gottes – eine göttliche Kopie in anderer Quantität und Handlungsfähigkeit. Der Unterschied zu Gott besteht darin, dass die individuelle Seele nicht allmächtig ist und nicht aus Gedankenkraft Materie erschaffen kann, wie Gott es kann. Die individuelle Seele des Menschen ist an einen Körper bedingt und in Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit an dessen Sinne gebunden.  Durch Tätigkeiten wird das Lebewesen zum Verursacher von Handlungen und Empfänger von deren Auswirkungen bzw. den Auswirkungen fremder Handlungen. Dies wird als Karma oder karmisches Prinzip von Ursache und Wirkung bezeichnet. In Unwissenheit identifiziert sich die Seele im Körper mit dem Körper und wird zum „illusionierten Ego“ – im Glauben „ich bin dieser Körper“. Mit zunehmendem Wissen wird die Differenzierung von Körper und unabhängiger Seele erkannt und der Geist als Handlungsfeld zwischen Körper und Seele verstanden. Dieses spirituelle Leben definiert sich über Bewußtseinserweiterung und dem Lernen von der Beziehung der Seele zu Gott und von Gott gegebenem Wissen.

 

Der Geist umfasst alles, was „denkbar“ ist. Beginnend mit Visionen, Träumen, Gedanken, Emotionen, bis hin zur Wissenschaft und deren Erklärungen und Argumentationen ist der Geist die Handlungsebene der Transzendenz. Jede Handlung in der Materie wird  (sollte)  im Geiste vorbereitet werden, um anschließend mit den Arbeitssinnen (Hände, Beine, Zunge …) eine Form zu bekommen. Erst die Idee, dann die Planung und letztlich die Umsetzung. Andererseits hat die Handlungsebene des Geistes Auswirkungen auf die körperliche Ebene, solange das Lebewesen sich mit dem Körper identifiziert. Eine Hoffnung kann motivieren, dem Körper Kraft zur Verfügung stellen, eine Sorge kann blockieren und lähmen. Wichtig ist dabei zu erkennen, daß weder Hoffnung noch Sorge in der materiellen Welt existieren sondern Illusion sind, erst materialisiert werden müssen, um dann mit den Sinnesorganen „behandelt“ werden zu können. Solange die Seele sich mit dem Körper identifiziert, wird sie sich auch im Geiste an ihn gebunden fühlen. Der Geist ist die Handlungsebene von Gott mit allen Seelen und kann nur teilweise mit menschlichen Worten beschrieben werden. Eine Lokalisierung ist nicht notwendig weil Geist, Bewußtsein und Wissen überall vorhanden ist, unvorstellbar groß ist und von den Lebewesen mit Hilfe der Intelligenz teilweise bewertet und verwendet werden kann.

 

Das Lebensziel des Individuums ist der Lösungsprozeß der Seele vom Körper, der durch die Anhäufung von Wissen und Bewußtsein auf der geistigen Ebene darin endet, Gott in seiner Allmacht als Schöpfer zu erkennen und anzunehmen, ihn zu verehren und somit aus dem materiellen Kreislauf von Ursache und Wirkung befreit zu werden. (Hier sei auf die entsprechenden Stellen der Bibel und des Korans verwiesen, die den befreiten Seelenzustand als das Paradies bezeichnen.)

 

Zur Verdeutlichung dient die Vorstellung einer Pferdekutsche mit fünf Zugpferden:

Die Pferde stellen die fünf Sinne dar. Die Kutsche ist der menschliche Körper. Die Seele ist der Passagier in der Kutsche. Auf dem Kutschbock sitzen Ego und Intelligenz und haben die Zügel in der Hand. Die Zügel stellen den Geist dar.

Die fünf Sinne wollen Befriedigung und streben in unterschiedliche Richtungen. Mit Intelligenz und guter Zügelführung besteht die erste Aufgabe darin, die Pferde zu kontrollieren, sie in eine Richtung laufen zu lassen. Die zweite Aufgabe besteht darin, der Kutsche ein Ziel zu geben und den dazu gehörigen Weg einzuschlagen. Das kann – je nachdem, wieviele andere Kutschen sich noch auf dem Weg bewegen, zu Konflikten führen und ein ständiges Korrigieren der Zügel notwendig machen. Die Seele möchte eigentlich wieder zurück ins Paradies, möchte die Kutsche am Straßenrand abstellen und zu sich selbst kommen. Sie kann es aber nicht! Die Pferde wollen ihre Nahrung, wollen ihre Lust ausleben und bleiben nicht stehen. Die Seele ist gezwungen, immer wieder eine neue Richtung einzuschlagen und muß Entscheidungen treffen, wie sie mit Intelligenz und Weisheit in der Materie die Wünsche der Pferde kontrollieren kann. Wird der Seele das zu viel, müssen die Sinne neu trainiert, die Richtung vielleicht  angepasst, oder das Ziel neu festgelegt werden. Das höchste Ziel besteht darin, zu erkennen,  welche Hindernisse und Spielregeln Gott in diesem „Pferderennen“ erstellt hat, welche Aufgaben die Seele hat und wie sie sie meistern kann. Die Qualität der einzelnen Handlungen (und Gedanken) beeinflußt dabei das spirituelle Wachstum.

Soweit die Ausführungen aus den vedischen Lehrbüchern.

 

 

*Lebenswerte:

Hilfsbereitschaft, Verantwortungsbewußtsein, Einfachheit, Geduld, Toleranz, Wahrheitssuche, Nächstenliebe, Ehrlichkeit, Duldsamkeit, Sauberkeit, Gewaltlosigkeit, Demut, Selbstbeherrschung, Bescheidenheit, Stetigkeit, Entsagung, Gleichmut in Freud und Leid, Uneigennützigkeit, Rückzug